Wirtschaft

Um einen fiktiven Staat im Rahmen des Planspiels Schule als Staat „am Leben zu halten“, ist eine florierende Wirtschaft unabdingbar. Mehrere Grundüberlegungen leiteten unsere Planungen:

  • Alle Schüler*innen und Lehrer*innen arbeiten in privaten Unternehmen oder als Beamte des Staates.
  • Die Unternehmen bieten Dienste an bzw. stellen Produkte her, die sie auf dem Markt zum Verkauf anbieten.
  • Die Unternehmen sind verpflichtet, ihren Mitarbeiter*innen mindestens einen vorab festgelegten Stundenlohn zu zahlen, die Rohwaren im zentralen Warenlager zu kaufen sowie Mieten und Steuern zu entrichten.
  • Eine Hyperinflation, die am Ende eines solchen Projektes nahezu unvermeidbar ist, sollte möglichst lange hinausgezögert werden.

Um diesen Grundüberlegungen gerecht zu werden, bedarf es der Implementierung mehrerer Institutionen – Bank (zugleich zuständig für Steuern), zentrales Warenlager, Arbeitsamt, Währung.

Währung

Das „Paradonische Königreich“ erhielt eine eigene Währung, die Theophrasten. Es wurden Geldscheine in den Werten 1 Th (3.700 Stück), 2 Th (2.700 Stück), 5 Th (1.700 Stück), 10 Th (1.700 Stück) und 20 Th (1.200 Stück) designt und gedruckt. Insgesamt konnten damit maximal 58.600 Theophrasten im Umlauf sein. Diese Anzahl erwies sich im Verlauf des Projektes als gut ausreichend, auch weil aufgrund des Steuersystems kontinuierlich Theophrasten wieder aus dem Umlauf genommen wurden. Der Euro wurde in den 4 Tagen des Projekts zur Fremdwährung und musste beim Betreten des Staates in Theophrasten umgetauscht werden. Ein Rücktausch war dabei von vornherein ausgeschlossen.

Finanzierung

Entscheidend war für uns zunächst die Überlegung, wie viel Geld pro Person pro Tag mind. benötigt werden würde. Hierfür gingen wir von 6€ aus – diese sollten für ein Essen und Getränk im Hauptrestaurant (max. 5€) sowie für bspw. eine Freizeitaktivität reichen. Da wir von einem Wechselkurs von 1€ zu 2 Th ausgingen, ergab dies einen Mindestlohn von 12 Th pro Arbeitsschicht (4h) und damit von 3Th pro Stunde.

Vor Beginn des Projektes wurden daher von jedem zukünftigen Staatsbürger 12€* als „Eintrittsgeld“ eingesammelt, von dem ein Teil direkt zu Beginn der Projekttage** in Theophrasten als Startgeld wieder ausgezahlt wurde. Dieses Eintrittsgeld bildete die Grundlage der Finanzierung des Projektes.

Funktionsweise eines Unternehmens

Jeder zukünftige Staatsbürger konnte die Gründung eines Unternehmens anmelden. Die meisten Unternehmen wurden im Lebensmittelbereich angemeldet, zu den angebotenen Dienstleistungen gehörten ein Fitnessstudio und ein Autowaschsalon. Daneben gab es ein Casino sowie Tattoostudios, einen Friseursalon und bspw. ein Unternehmen, das Seifen etc. herstellte.

Nach der Gründung musste jedes Unternehmen melden, wie viele Mitarbeiter es beschäftigen wollte. Zudem musste eine Material- und Geräteliste abgegeben werden.

Unternehmer und Angestellte, die mit Lebensmitteln handelten, mussten an einer 90minütigen Einweisung durch das Gesundheitsamt der Stadt Stuttgart teilnehmen.*** Zudem erhielt jeder Unternehmer eine Einweisung in das Steuersystem und die Steuerabrechnung.

Das Organisationsteam hat lange darüber diskutiert, wie das wirtschaftliche Überleben der meisten Unternehmen gesichert werden kann. Ein Baustein hierfür waren Preisnachlässe beim Kauf der Waren im zentralen Warenlager. So war der hier gültige Wechselkurs nicht 1:2 sondern 1:1,65, so dass die Waren verbilligt erworben werden konnten. Zudem hatten die Unternehmen die Möglichkeit, Kredite aufzunehmen. Eine weitere Stellschraube waren für uns die Mieten, die, gestaffelt nach den jeweils vergebenen Räumen zum einen unterschiedlich hoch waren, zum anderen aber auch, wie am ersten Projekttag geschehen, ausgesetzt werden konnten.

Jedes Unternehmen musste täglich um 14 Uhr eine Steuererklärung abgeben und zugleich die Steuern zahlen. Für die Steuererklärung mussten auf dem ausgeteilten Formular die Einnahmen detailliert gelistet werden, ebenso die Ausgaben (Einkauf im Warenlager****, Miete, Lohn der Mitarbeiter). Für den Lohn der Mitarbeiter konnte maximal das Doppelte des Mindestlohns steuerlich abgesetzt werden. Aus der Differenz der Einnahmen und Ausgaben ergab sich der Gewinn, der dann, zunächst mit 25%, besteuert wurde.

Als existenzbedrohend für einzelne Unternehmen erwies sich der erste Tag – wurden mehr Waren aus dem zentralen Warenlager abgeholt als für den ersten Tag benötigt, stiegen die Ausgaben zu stark an und konnten im Einzelfall die Einnahmen deutlich übersteigen. In den Folgetagen relativierte sich dieses Problem allerdings, so dass evtl. erhaltene Kredite zurückgezahlt werden konnten.

Das zentrale Warenlager

Alle Waren, die im Paradonischen Königreich produziert, gehandelt, konsumiert wurden, mussten über das zentrale Warenlager eingeführt werden. Das Organisationsteam kaufte anhand der Bestelllisten der einzelnen Unternehmen täglich alle benötigten Waren im Großhandel, sortierte sie im zentralen Warenlager ein und nahm die Waren ins digitale Verwaltungsprogramm auf. Diese Vielzahl an Aufgaben führte dazu, dass im Warenlager oft bis nach 21 Uhr gearbeitet wurde, um für den kommenden Tag gerüstet zu sein.

Als problematisch erwiesen sich hierbei die Bestelllisten. Oftmals wurden Waren für mehrere Tage geordert, wiederholt waren Bestellungen schlicht zu ungenau (u.a. keinekonkreten Mengenangaben). Für ein Folgeprojekt sind vorgefertigte Materiallisten, die genaue Überlegungen und Konkretisierungen der Waren verlangen ein Muss.

Ein weiteres Problem konnte direkt während der Projekttage gelindert werden. Am ersten Tag verlief die Warenausgabe für alle Beteiligten zu chaotisch und dauerte zu lange. Linderung brachte die Schaffung von Terminen, zu denen die einzelnen Unternehmen ihre Waren abholen konnten. Das Frühstückscafé bekam seine Waren selbstverständlich früher als der Burgerstand.

Ebenfalls für eine Neuauflage des Projektes zu überlegen ist die Einführung von Warenkörben für jedes Unternehmen. Diese müssten die Mitarbeiter*innen des Warenlagers für jedes Unternehmen bereitstellen und zur Ausgabe noch um die Frischprodukte ergänzen.

Ausnahmeregelungen

Für Waren, die nur mit erhöhtem Aufwand im Großhandel erworben werden konnten, wie z.B. Rohstoffe zur Schmuck- und Seifenherstellung, gab es eine Ausnahmeregelung. Die Unternehmer konnten diese Waren selbständig erwerben, sie dem Warenlager für Euro „verkaufen“ und sie dann regulär beim Warenlager wieder für Theophrasten erwerben.

Nachbestellungen

Da es wiederholt vorkam, dass Waren fehlten oder zu wenig bestellt worden waren, wurde es besonders am 3. Projekttag notwendig, dass Waren nachbestellt und nachgekauft werden mussten. Einige Unternehmen erhielten die Genehmigung, dies im lokalen Handel selbst zu erledigen, für größere Bestellungen fuhr der Transporter zum Großhandel.

Staatsbetriebe

Neben den privaten Unternehmen gab es eine ganze Reihe an Staatsbetrieben und damit auch viele Arbeitsstellen im Staatsapparat. Der Staat zahlte seinen Mitarbeitern den festgesetzten Mindestlohn am Ende der jeweiligen Arbeitsschicht. Die Staatsbetriebe waren zugleich auch diejenigen, die arbeitslos gewordene Staatsbürger möglichst aufnahmen; dies war u.a. notwendig, da es kein Arbeitslosengeld gab. Für jeden Staatsbetrieb wurde ein Handbuch erstellt, das die Aufgaben und Zuständigkeiten beschrieb.


* 15€ bei Nachzahlung
** am Aufbautag
*** Diese Hygieneschulung wurde über das Gesundheitsamt der Stadt Stuttgart vereinbart und war für unsere Teilnehmer kostenfrei.
**** Für jeden Einkauf im Warenlager erhielt der Unternehmenschef eine Rechnung des zentralen Warenlagers.